Kleines Motiv, große Aussage

von Martina Jansen (Kommentare: 0)

Kleines Motiv, große Aussage

Ein Tattoo als Statement

Ich habe es wieder getan: Ich habe mir im Juni bei „Mütze“, dem Tätowierer meines Vertrauens, ein neues Tattoo stechen lassen. Dieses Mal gab es dazu aber einen wirklich wichtigen Hintergrund: Zusätzlich zum Ausweis im Portemonnaie trage ich nun meine Zustimmung zur Organspende sichtbar auf meiner Haut.

Es gibt zahlreiche Gründe, warum der Organspendeausweis entweder nicht dabei ist oder im schlimmsten Falle gar nicht ausgefüllt wurde: Die Ausweise waren alle, meine Druckerpatronen für den Download waren leer, ich hatte keinen Kuli zur Hand oder ich habe nicht immer eine Tasche dabei. Eine gute Alternative ist das Organspende-Tattoo, denn seine Haut hat man üblicherweise stets dabei.

Foto von Maxim Hopman auf Unsplash

Die Idee für das allgemeingültige Motiv der Organspende hatte der Verein „Junge Helden“, der sich seit 20 Jahren um Aufklärung bemüht. Zwei Halbkreise schließen sich zu einem Kreis und symbolisieren das Leben. Das zu Ende gegangene, aber auch das dadurch wieder aufgeblühte Leben.
Der Deutsche Bundestag hat, meiner Meinung nach leider beschlossen, dass in Deutschland weiterhin die Entscheidungs- oder Zustimmungslösung bei einer Organspende gilt. Das heißt, ich muss definitiv einer Organspende zustimmen. Dies kann ich ab dem 16. Lebensjahr tun. Widersprechen kann ich sogar bereits ab dem 14. Lebensjahr. Ich denke, es dürfte jedem Menschen möglich sein, sich mit dieser Thematik zu beschäftigen und sich dafür oder dagegen zu entscheiden. Für Patienten, die auf ein Organ warten, macht dieses Kreuz auf dem Organspendeausweis nämlich den Unterschied zwischen Leben oder Tod. Trotz der Zustimmungsentscheidung möchte Deutschland bei der Vergabe der passenden Organe jedoch gleichberechtigt berücksichtigt werden. Ich halte das für unsolidarisch, denn es gibt eindeutig zu wenig passende Spenderorgane.
Fast alle anderen europäischen Länder haben sich für die Widerspruchslösung entschieden. Das bedeutet, ich bin automatisch Organspender. Organe und Gewebe dürfen daher nach meinem Tode entnommen werden, wenn ich nicht explizit widersprochen habe. Liegt weder eine Zustimmung noch ein Widerspruch vor, so entscheiden die nächsten Angehörigen.
Aber Vorsicht bei Auslandsreisen: Hier gilt das Organspende-Gesetz des jeweiligen Urlaubslandes. Verstirbt ein deutscher Urlauber im Ausland, so gilt beispielsweise in Italien, Österreich und in Spanien die Widerspruchslösung. In Bulgarien gilt sogar die Notstandlösung, dort können auch verstorbenen Urlaubern Organe trotz Widerspruch entnommen werden. Wahrscheinlich stammt aus dem Halbwissen dieser Informationen auch immer noch die gängige Warnung, dass Urlauber in manchen südlichen Ländern auf offener Straße gefangen und betäubt werden, um ihnen anschließend eine Niere zu entfernen. Was natürlich völliger Unsinn ist.

Foto oben rechts: Das allgeneingültige Tattoo für die Organspende

Ob Organ-, Knochenmark- oder Blutspende, es sind alles Gesten der Solidarität. Leider denken noch viel zu viele Mitmenschen: „Blutspende? Warum ich? Sollen doch die anderen.“ „Knochenmarkspende? Warum ich? Sollen doch die Anderen.“ „Organspende? Warum ich? Sollen doch die anderen.“ „Eine Transplantation  betrifft mich nicht“, meinen sie. Wie wäre es dann mit folgendem Satz: „Eine Transplantation kann Heikes oder Max‘ Leben retten.“ Das ist schon nicht mehr so weit weg, oder? Und wie wirkt dieser Satz: „Eine Transplantation kann das Leben meines Kindes, meiner Mutter, meines Freundes retten.“ Es trifft nicht immer nur die Anderen. Eines Tages kann man selbst „der oder die Andere“ sein. Heißt es dann immer noch: „Warum ich? Sollen doch die anderen … zuerst das lebenswichtige ‚Ersatzteil‘ bekommen.“
Ich weiß, dass ich genaugenommen mit meiner Zustimmung ein „Ersatzteillager“ bin, aber damit kann ich gut leben beziehungsweise dann ja nicht mehr. Meine Organe nützen mir nichts mehr, können aber Leben retten oder zumindest die Lebensqualität verbessern. Mir ist schon klar, dass ich selbst nichts mitbekomme, wenn meine Organe entnommen sind. Aber die sentimentale Vorstellung, dass mein Herz wieder flattert, weil das junge Mädchen, das es bekommen hat, sich verliebt, die gefällt mir ebenso wie die Vorstellung, was meine Hornhaut dann neu sehen und erleben kann.

Den Organspendeausweis können Sie auf der Seite www.bundesgesundheitsministerium.de downloaden oder unter der gebührenfreien Telefonnummer 0800 9040400 anfordern.

Foto oben rechts: Auch ich habe mir das Organspendetattoo stechen lassen

Text: Martina Jansen
Foto: Christian Sklenak

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