Pimp my Body – ein nicht ganz so ernst zu nehmender Selbstversuch

von Martina Jansen

Pimp my Body – ein nicht ganz so ernst zu nehmender Selbstversuch

Ich bin heute mit Eileen Düpmann in ihrem Kosmetikstudio verabredet.

Sie sieht immer top und sehr gepflegt aus, ohne aufgedonnert zu wirken. Das gefällt mir. Also auch bei mir eine Rundumerneuerung, bitte. Stundenlang werde ich die Arbeit einer Kosmetikerin hautnah, im wahrsten Sinne des Wortes, kennenlernen. Das komplette Programm von Kopf bis Fuß, auch das im wahrsten Sinne des Wortes.

„Dann lass uns mal mit den Füßen anfangen“, schlägt Eileen vor. „Ich weiß ja, dass du an den Füßen kitzelig bist, daher arbeiten wir uns am besten von dem, was dir unangenehm ist, hin zum Angenehmen.“

„Okay, wenn Füße das Unangenehmste sind, dann habe ich ja nicht viel zu befürchten“, denke ich noch frohen Mutes. Nach einem angenehmen Fußbad nehme ich Platz in dem Kosmetikstuhl, in der einen Hand eine Tasse Kaffee, in der anderen Hand die Muster der diversen Nagellacke. Ich versuche mich auf die Farben zu konzentrieren, denn es kostet mich schon einige Überwindung, meine Füße nicht ständig wegzuziehen. Es kribbelt und meine Nerven melden sich, aber Eileen macht unbeeindruckt lächelnd weiter. Ich kann mich nicht für eine Farbe entscheiden, dazu ist die Auswahl einfach zu riesig, also nenne ich im Geiste eine zweistellige Ziffer und lasse somit mein Unterbewusstsein entscheiden. Ganz schön wagemutig, es hätte ja schließlich auch Tussipink oder Hippie-Giftgrün sein können. Aber mein Unterbewusstsein hat Geschmack und wählt die Luxusvariante „Magic Midnight Purple“. Sieht übrigens besser aus, als es klingt.

Bei den Fingernägeln entscheide ich mich der Einfachheit halber auch für die lilafarbene Luxusvariante, passend zu den Zehennägeln. Nie wieder abgebrochene Fingernägel. Nie wieder abblätternden Nagellack,  den ich mir nachlässig mit nicht ganz ruhigen Händen selbst aufgepinselt habe.
Nach zwei Stunden lockerer Unterhaltung und top gepflegten Fuß- und Fingernägeln bittet mich Eileen in das Zimmer nebenan.
„Yin-Yang-Kugel-Klänge“, weiße Liege, weiße Flauschdecke. Hier lässt es sich aushalten. Ich weiß, dass Eileen jetzt meine Beine enthaaren wird, aber das wird schon nicht so schlimm werden, wie sagte sie doch anfangs: „Wir arbeiten uns von dem dir Unangenehmen hin zum Angenehmen.“ 

Ich sehe also absolut entspannt zu, wie sie mir warmes Wachs auf meine Beine streicht, einen Leinenstreifen darüberlegt und mich anlächelt. Ich lächele locker zurück, ich bin ja kein Mann, der bei der Enthaarung sofort losheult. Mitten im Lächeln zieht Eileen den Streifen mit all den Haaren blitzschnell herunter und mein Lächeln friert ein. Ich schnappe nach Luft, aber ich heule nicht los – bin ja, wie gesagt, kein Mann. Keine zwei Sekunden später ist der Schmerz vorbei, nachdem Eileen ihre Finger auf die haarlose Stelle gelegt hat. Sie hat wohl heilende Hände. Zum Glück.

Foto oben rechts: Beim Blick in so ein freundlich lächelndes Gesicht, muss man einfach gute Laune haben.

Der Blick auf mein Bein zeigt mir, dass ich wohl drei Behandlungen pro Bein benötige, also noch fünfmal die Zähne zusammenbeißen. Ich denke ganz kurz an einen Fluchtversuch. Aber sechs Wochen lang haarfreie Beine sind das Gegenargument, das mich zum Bleiben ermuntert. Schemenhaft, leicht in anderen Sphären dank jahrelangem autogenen Training, sehe ich Eileen an meinen Beinen hantieren und stelle irgendwann erleichtert fest, dass sie fertig ist. Meine Beine sind nicht feuerrot, da habe ich schon ganz andere Erfahrungen gemacht. Und alle störenden Haare sind weg. Nicht für alle Ewigkeit, aber zumindest für ein paar Wochen. Ich fühle mich top, das war ja echt easy, aber auf weitere Haarentfernungen anderer Regionen meines Körpers verzichte ich dann doch. Aus Zeitmangel. Mir fiel halt so schnell keine bessere Ausrede ein.

„Das Unangenehmste hast du ja gleich geschafft“, verspricht mir Eileen. „Nur noch die Augenbrauen etwas in Form bringen und dann kommt auch schon Conny“. Ob sie extra das Wort „zupfen“ vermeidet, weil sie mir ansieht, dass meine Muskeln immer noch angespannt sind; bereit, jederzeit von der Liege zu hechten?
Danach noch ein wenig Gesichtspflege. Eine halbe Stunde Entspannung pur: Dampfbehandlung, Masken und Gesichtsmassage. Ach, was ist das Leben doch schön!

Und dann kommt auch schon Cornelia Grundmann-Schlutius: Extra aus ihrem Studio in Gelsenkirchen-Buer und wird mir einen Lidkranz pigmentieren. Sie streicht mir eine Betäubungspaste auf meine Augenlider, die jetzt wirken muss und bereitet in der Zwischenzeit schon mal alles Nötige vor, was mir aber so gar nicht gefällt, denn ich sehe ja nichts. Langsam zweifle ich an Eileens Aussage, dass es von Mal zu Mal angenehmer wird und ich mich entspannen kann. Ich habe jetzt noch weitere zehn Minuten Zeit, um weiter zu zweifeln, denn erst nach der nötigen Einwirkzeit von gefühlten zwei Stunden darf ich meine Augen wieder öffnen. Ein kurzes heftiges Brennen sorgt dafür, dass mir am rechten Auge eine Träne herunter läuft. Kurz darauf macht es das linke Auge nach. „Es scheint sich eine Bindehautentzündung anzubahnen“, rede ich mir ein, denn es ist mir schon ein wenig peinlich. Conny tupft mir aber ganz selbstverständlich die Tränen ab und das Brennen verschwindet sofort. Schon spüre ich die ersten Stiche am Augenlid und ich entspanne dann endlich. Ist halb so wild, da war das Beine-Enthaaren schlimmer. Viel schlimmer. Zumindest für mich. Keine drei Minuten pro Auge und der schwarze Eyeliner wird mich ab jetzt für die nächsten Jahre an Conny erinnern.

Nun ist wieder Eileen an der Reihe, denn für den ausdrucksvollen „Augenblick“ brauche ich Wimpern. Viele Wimpern. Geschickt hantiert sie mit zwei Pinzetten und klebt mir etwa 150 künstliche Wimpern auf meine eigenen Wimpern. Nichts ziept, nichts brennt und nach einer Stunde habe ich den atemberaubenden Long-Lashes-Glamour-Look. Ohne zu sehen, wie es aussieht, fühle ich mich gut und übe schon mal den gekonnten Augenaufschlag. Nur so, für alle Fälle, man weiß ja nie…

Ich muss im Dunkeln weiter üben, denn Eileen dämpft das Licht und nachdem ich mich auf den Bauch gelegt habe, gleiten ihre warmen, ölgetränkten Hände über meinen Rücken. Ich entspanne immer mehr und von ganz weit weg höre ich die „Yin-Yang-Kugel-Klänge“.
„Bleib’ noch ein wenig liegen und lass’ das Gefühl nachwirken“, flüstert mir Eileen zu, bevor sie den Raum verlässt. Ich brauche ein paar Minuten um zu realisieren, wo ich bin. Mein Zeitgefühl ist verschwunden, ich habe nicht mehr mitbekommen, dass Eileen mich eine halbe Stunde lang massiert hat. Am liebsten möchte ich hier liegen bleiben. Für immer! Zumindest aber für die nächste Stunde. 

Ich fühle mich wie neugeboren, wie eine wunderschöne Diva. Der Blick in den Spiegel holt mich jedoch auf den Boden der Tatsachen zurück. Die beiden haben absolut gute Arbeit geleistet, aber zaubern können sie schließlich auch nicht. Wie 20 kann ich eben nicht mehr aussehen.

Am Tag danach lasse ich die Hausarbeit Hausarbeit sein. Kein Spülen, kein Putzen, kein Bügeln, keine Gartenarbeit. Heute bin ich noch einmal eine Diva, der verschönernden Kosmetik sowie Eileen und Conny sei Dank.

Foto oben rechts: Mit ruhiger Hand pigmentiert Conny die Wimpernkranzverdichtung

Text: Martina Jansen
Fotos: Martina Jansen

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