Musik ist international und grenzenlos

von Martina Jansen

Peter Andrikopoulos hat bereits in so vielen Bands gespielt, da reicht ein einziges Musikerleben schon fast nicht mehr aus.

Ob beruflich oder musikalisch – einfach nur strikt geradeaus, das ist nicht sein Weg. Aber der Reihe nach.
Geboren in Wanne-Eickel, zog der damals 8-Jährige mit seinen Eltern nach Griechenland ins Geburtsland seines Vaters. Dort besuchte er eine deutsche Schule und genoss unter anderem die Freiheiten, die griechischen Schülern während der Diktaturzeit nicht gestattet waren: Lange Haare und Jeans statt Kurzhaarschnitt und Schuluniform. Da der Grundschüler direkt gegenüber der Polytechnio, der ältesten und bedeutendsten Technischen Universität in Athen wohnte, bekam er leider hautnah den Militärputsch mit und sah so mit 10 Jahren viel zu viel Blut und Gewalt.

Zu dieser Zeit bekam der junge Grieche seine erste Gitarre geschenkt und nahm auf Wunsch seines Vaters klassischen Gitarrenunterricht. Die typische griechische Musik war aber so gar nicht seins, aber als er dann ein Jahr später seine erste E-Gitarre in den Händen hielt, wusste er, dass er auch weiterhin Musik machen wollte. Und er wusste auch, welche Musik es sein sollte – und vor allem, welche es nicht sein sollte.

Foto oben rechts: Peter Andrikopoulos bei seinem Auftritt auf den Kapverdischen Inseln

Eine Band zu gründen oder vielmehr passende Bandmitglieder zu finden, war zu jener Zeit in Griechenland nicht ganz so einfach. Langhaarige, griechische junge Männer, die zu der Band gepasst hätten, waren allgemein als Anarchisten verschrien. Zudem gab es auch keine Möglichkeit, mit Musik Geld zu verdienen, wenn man nicht gerade die genehmigte Musik oder den Sirtaki spielte.
Obwohl Peter Andrikopoulos zunächst im Schmuckgroßhandel seines Vaters und später in seiner eigenen Boutique Geld verdiente, verließ er 1989 mit drei Gitarren, einem Koffer und der Adresse seiner Großmutter im Gepäck das Land und fuhr nach Wanne-Eickel. Sein Ziel war es, Tontechnik zu studieren, aber leider hatte er sich zu spät in dem Programm für Quereinsteiger angemeldet. Da ihm jedoch die klassische Klavierausbildung fehlte und er daher kein klassisches Tontechnikerstudium absolvieren konnte, entschied sich der Musiker für das Studium der Textiltechnik und zog dafür ein halbes Jahr nach seiner Ankunft in Deutschland um nach Mönchengladbach. 

Zeitgleich gründete er dort wieder eine Band, die erfolgreich in Jugendheimen spielen durfte. Leider lösen sich Bands oft recht schnell aus unterschiedlichen Gründen auf, so geschah es auch mit den meisten der circa 20 Bands, in denen der Gitarrist bis heute spielte.
Aber er stand nie lange ohne Band da, es ergab sich immer eine neue Möglichkeit. So zum Beispiel parallel zu seinem Studium bei der Promotion für Casio Keyboards im Kölner Raum. Scheinbar sah man ihm den Musiker an, denn „Peters Band“ wurde für regelmäßige wöchentliche Auftritte sofort gebucht. Jeder andere hätte erst zugesagt, wenn er eine Band in der Hand gehabt hätte, nicht so Peter Andrikopoulos. Er sagte erst zu, danach kümmerte er sich um die Gründung einer Band, die dann tatsächlich auch innerhalb von drei Wochen stand. 

Foto oben rechts: Auch in Gambia stand Peter Andrikopoulos auf der Bühne

Nach dem Studium war aber erst einmal Schluss mit Musik. Peter spielte nur noch für sich Gitarre, er wollte vorrangig beruflich Fuß fassen. Einen schweren Unfall, bei dem er glücklicherweise nicht verletzt wurde, nahm er als einen Hinweis, sein Leben zu überdenken. „Was will ich? Will ich jetzt weiter als langhaariger Hippie durchs Leben gehen? Will ich mich beruflich im Hamsterrad drehen?“
Er beschloss daraufhin beruflich abermals neu durchzustarten. Auf einem Gründerseminar erhoffte er sich Antworten auf die Frage, was er weiterhin machen wollte oder sollte. Stattdessen lernte er in der Raucherpause einen Mann kennen, der eine Konzertagentur gründen wollte und schon hatte er seine erste Band unter Vertrag: Charly P. eine Deutschrockband mit mäßigem Erfolg, in der natürlich auch Peter mitspielte, die sich aber auch recht bald wieder auflöste.

Beruflich ging es für Peter Andrikopoulos in der Versicherungsbranche weiter, in dem er eine Ausbildung für klassische Quereinsteiger begann  und sich als Versicherungsmakler selbstständig machte. 

Bis heute ist er seinem Beruf treu geblieben – und der Musik. LOFX (Low Effects) ist seine aktuelle Band, die bereits seit einem Jahr besteht und, wie der Name schon sagt, ohne spezielle Effekte auskommt. Keine Verzerrer, keine Samples, keine Playbacks, das ist das Motto der Band. 40 Gigs hatten sie seit der Gründung bereits. Sie spielten unter anderem in der Dorstener und der Bottroper Musiknacht und bei den Männertagen. Dort allerdings Stücke, die sie sie normalerweise nicht in ihrem blues-, jazz-, und soullastigen Repertoire haben. 

Eine ganze andere (Musik-)Welt lernte der heute 53-Jährige durch seine Partnerin Margot Aldenhoff kennen. Mit ihr, einer Weltreisenden, ging es zuerst nach Gambia. Dort performte der Deutsche Urlauber bereits am ersten Abend Santanas „Black Magic Woman“ – und die einheimischen Frauen standen auf den Tischen. 

Foto oben rechts: Peter Andrikopoulos mit seiner Lebensgefährtin Margot Aldenhoff

Einmal Blut geleckt, wollte er auch im nächsten Urlaub auf Sri Lanka mit den einheimischen Musikern spielen. Also folgte er mehr oder weniger unauffällig einigen jungen Leuten mit Musikinstrumenten in eine Hinterhof-Bar. Da ab 23:00 Uhr das Alkoholverbot galt, wurde hier heimlich getrunken. Meistens Arrak mit warmer Cola, aber egal – Hauptsache Alkohol. „Darf ich auch mal“, fragte Peter damals einen Einheimischen, der sich aber wohl nicht traute, Nein zu sagen. Also stand er auch hier auf der kleinen Bühne und wurde prompt für den nächsten Abend zu einem Gig eingeladen. 40 Kilometer in zwei Stunden im strömenden Regen in einem Tuk-Tuk“, der örtlichen Autorikscha, ist sicherlich kein alltägliches Vergnügen. Aber in der Hauptstadt Colombo auf einer Riesenbühne drei Stunden lang vor 5000 Einheimischen zu spielen, das ist schon eine ganz andere Nummer.  

Margot musste natürlich oben auf der Bühne Platz nehmen und schwärmt immer noch von diesem Erlebnis. „Das war schon sehr überwältigend.“
Seitdem hat der Musiker mit Leib und Seele in vielen verschiedenen Ländern mit einheimischen Künstlern gespielt. Darunter war auch eine Jamsession in Torrox (Andalusien) mit Vic Faulkner, dem Bassisten der britischen Glam-Rock Band „Hello“ aus Siebzigern. 

Richtige Musiker finden sich eben überall.

Foto oben rechts: Gig auf Sri Lanka

Text: Martina Jansen
Fotos: Martina Jansen, privat

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