Kochkränzchen – klingt spießig, ist es aber nicht

von Martina Jansen (Kommentare: 0)

Kochkränzchen – klingt spießig, ist es aber nicht

Bei den Köchinnen der Generation 50+ kommen moderne und traditionelle Speisen auf den Tisch

Traditionell seit 19 Jahren gibt es beim Kochkränzchen als Jahresabschluss im November die Martinsgans mit selbstgemachtem Rotkohl und Klößen. So auch heute – und ich bin dazu eingeladen.

Die sechs Wulfenerinnen kennen sich bereits aus der Kindergartenzeit. Allerdings nicht aus ihrer, sondern aus der ihrer Kinder. Der Nachwuchs ist mittlerweile erwachsen, die Gruppe blieb jedoch zusammen. Und so kochen sie seitdem einmal im Monat für sich ein komplettes Drei-Gänge-Menü. „Und jeden Monat freuen wir uns immer wieder aufs Neue auf dieses Treffen“, bringt es Ulli Freer auf den Punkt.

Gastgeberin heute ist Petra Jungmann, die ihre Küche zur Verfügung stellt. Alle Frauen wuseln in der Küche und schneiden, waschen, schmecken ab. Hier wird sofort sichtbar, dass sie nicht zum ersten Mal zusammen kochen. „Es gab noch nie Streit unter uns, ob beim Kochen oder auf den Reisen, die wir alle zwei Jahre unternehmen“, bemerkt Lena Bengner-Müller und alle anderen stimmen zu. Sie besuchte vor 20 Jahren bereits in Gelsenkirchen einen Kochtreff und hatte danach die Idee auch an ihrem neuen Wohnort mit Freunden zu kochen. Zu der Gruppe gehörten ursprünglich zwei andere Frauen, als sie weggezogen, rückten Katja Klaus-Koch und Ulla Landwehr nach.

Foto oben rechts: Sie kochen seit Jahren zusammen: (v. l. ) Katja Klaus-Koch, Margret Duve, Ulli Freer, Petra Jungmann, Lena Bengner-Müller und Ulla Landwehr

Ich weiß, es gibt heute Gans, aber was dann serviert wird, ist der Hammer. Bei einem Kochduell würde ich alle sechs in mein Kochteam holen.
19 Jahre Kochkränzchen, das bedeutet mehr als 200 Menüs, mehr als 600 Gerichte. Da ist das Aussuchen der Rezepte sicher manchmal schwieriger als das Kochen an sich, zumal die sechs Frauen immer wieder neue Gerichte ausprobieren. Mit Ausnahme eines Rezeptes, das öfter auf den (Nach-)Tisch kommt: das Sonnenblumenkern-Eis. Und, wie erwähnt, die Martinsgans im November, womit ich wieder beim heutigen Abend bin.
Passend zur Jahreszeit gibt es einen Herbstsalat mit Avocados, Orangen, schwarzen Linsen und Granatapfelkernen. Perfekt!

Foto oben rechts: Lena Bengner-Müller bereitet heute den Salat vor ...

... Katja Klaus-Koch schmeckt dazu die passende Sauce ab

Während des Essens erfahre ich, dass frisch gekocht und selbstgemacht ein Muss in der Truppe ist, Fertiggerichte nicht auf den Tisch kommen und alle Gerichte bisher immer klasse schmeckten. Bis auf die Wildschweinkeule, die nachts um ein Uhr immer noch nicht durch war, gab es noch nie Kochpannen. „Zu dieser halb garen Keule gab es eine Maronensuppe“, erinnert sich Katja. „Ich weiß noch, dass es richtig viel Arbeit war, die Maronen frisch vom Baum von der stacheligen äußeren Schale zu befreien.“ Die anderen Frauen nicken zustimmend und können sich scheinbar auch noch an die piksenden Schalen erinnern. Petras Spezial-Gänsekeulen heute waren zum Glück butterweich, Rotkohl und Apfelmus, von Margret Duve selbst hergestellt, waren ein Gedicht und die selbst gemachten und handgerollten Klöße von Ulli Freer und Ulla Landwehr waren das i-Tüpfelchen des Gerichts. Aber dann, dann kam sie: die Nachspeise. In doppelter Ausführung speziell für Petra und Ulli, die beide einen süßen Zahn haben. Eine Orangencreme, die eher den Namen Orangentraum verdient hätte und dazu eine Schokoladentarte. Low Carb gibt es hier nicht, auch Kalorienzähler wären hier in der Gruppe eindeutig fehl am Platz. „Fett ist ein Geschmacksträger, das muss unbedingt rein“, betont Margret ausdrücklich und Ulla ergänzt: „Und auf jeden Fall gehört auch ordentlich Zucker dazu.“

Foto oben rechts: Der krönende Abschluss des Menues: das Dessert

Optisch und geschmacklich stehen ihre Kochkünste professioneller Köche mittlerweile sicher in nichts nach. Festgelegt auf eine bestimmte Richtung haben sich die Köchinnen nicht, so steht türkisch, spanisch, indisch, vegetarisch, vegan oder auch ganz viel Fisch auf dem Speiseplan der Wulfenerinnen. An den indischen Abend erinnern sich noch alle ganz genau. „Wir haben natürlich auch traditionell mit den Fingern gegessen“, blickt Lena zurück. Jetzt können sie alle drüber lachen, aber damals war es gerade bei der Nachspeise schon eine ziemliche Kleckerei.

Jede Frau bringt ihre eigenen Ideen mit ein und wandelt Rezepte nach Gefühl ab. „Auf diese Weise lernen wir voneinander und bekommen immer wieder neue Inspirationen. Wir probieren zusammen mehr aus, trauen uns mehr zu“, bemerkt Petra und Katja verrät: „Wenn wir für unsere Familien kochen, dann wagen wir uns jetzt an ganz andere Gerichte ran.“

Nach dem zweiten Glas Wein schwelgen alle in Erinnerungen. „Wisst ihr noch..?“, wirft Petra ein. Natürlich wissen alle noch, wie damals ihre Männer wahllos verschiedene Lebensmittel einkauften und die Frauen daraus etwas kochen sollten. „Kitchen Impossible“ in Wulfen. „Süßkartoffeln kannten wir damals noch nicht“, gesteht Ulli „und nachschlagen im Netz konnten wir auch nicht so schnell“, fährt sie fort. Wie der Kochabend damals endete, daran konnte oder wollte sich vielleicht auch niemand mehr erinnern.

Aber sie erinnern sich jetzt wieder an ihr „Dinner for One“. Schick angezogen waren sie da, originale Speisen und Getränke aus dem Geburtstags-Sketch standen auf den Tisch, es fehlte nur der Butler. Auch der auf dem Boden liegende Tiger musste ausfallen, da der Vierbeiner der damaligen Gastgeberin nicht die Stolperfalle spielen wollte. Ob Krimi-Dinner mit entsprechender Verkleidung, bei dem der Mörder jedoch nicht gefunden wurde, 70er Jahre mit Mettigel, Käsewürfeln, Eierflip und passender Musik oder ein Geburtstagspicknick am Feuerwehrwachturm – jeder Kochabend verläuft hier anders.

„Es geht uns nicht nur ums Kochen. Wir sitzen gerne zusammen oder machen alle zwei Jahre Städtereisen, auch um andere Speisen und Zubereitungen kennenzulernen“, erzählt Ulla und Margret ergänzt: „Wir bilden uns auch weiter und besuchen Kochkurse oder schauen, was Profiköche beim Menü-Karussel so auf den Tisch zaubern.“

Die sechs Wulfenerinnen planen ihre besten Menüs in einem Kochbuch zusammenzustellen und wer weiß, wohin sie dann ihre nächste kulinarische Reise hinführt.

Foto oben rechts: Auf einen schönen Abend!

Rezept Sonnenblumenkern-Eis

Zutaten:
50 g grob gehackte Sonnenblumenkerne
20 g Zucker
3 Eigelb
50 g Honig
1/8 l Milch
1/8 l Schlagsahne

Zubereitung
Die Sonnenblumenkerne in dem Zucker karamellisieren, abkühlen lassen und fein hacken.
Das Eigelb mit Honig und heißer Milch und Schlagsahne im heißen Wasserbad cremig-schaumig schlagen. Abgekühlt mit dem Sonnenblumenkaramell in der Eismaschine zu Eis rühren oder per Hand abgekühlt rühren und ins Eisfach stellen.

Text: Martina Jansen
Fotos: Christian Sklenak und Martina Jansen

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