Heinz-Bernd Töns – Herr über 80.000 Schallplatten

von Martina Jansen (Kommentare: 0)

Heinz-Bernd Töns – Herr über 80.000 Schallplatten

Die schwarze Scheibe erlebt ein Comeback

Wenn Heinz-Bernd Töns in seinem Vinylcafé auf dem alten Zechengelände Künstlern auf der Open Stage nicht die Möglichkeit gibt, vor Publikum zu spielen, dann legt er selber Schallplatten auf. Auswahl hat er ja mehr als genug, aus der er oder seine Gäste wählen können.

Bei sich zu Hause hat Heinz-Bernd Töns etwa so viele Scheiben, wie es ein anderer Plattensammler auch hat: um die 400 Stück, darunter U2, Led Zeppelin, Iron Maiden – das, was er halt gerne hört. Weitere etwa 6.000 LPs und 2.000 Singles warten in dem Nebenraum seines Cafés ordentlich sortiert in Boxen auf Käufer und Hörer. Wenn Sie jetzt schon erstaunt sind, dann schauen Sie sich erst mal das Lager des Plattenfreaks an: Hier lagern weitere 15.000 LPs und 60.000 Singles. Vorhanden ist alles, was das Musikherz begehrt: Unikate, Japanpressungen, Erstpressungen, Unterlabel großer Firmen, Vergessenes und Unbekanntes.

Foto oben rechts: Heinz-Bernd Töns

Mit leuchtenden Augen und reichlich Insiderwissen, kann Heinz-Bernd Töns zu seinen Highlights jeweils eine kurze Geschichte erzählen. So weiß er, dass das „Live“-Doppelalbum der Krautrockband Birth Control unter anderem auf einem Konzert in Dorsten in der St. Ursula Realschule entstanden ist oder es die deutsche Promo-Pressung von Pink Floyd als LP nur in kleiner Auflage gibt. Eine davon befindet sich ebenfalls in seinem üblicherweise verschlossenen Raritätenkoffer.

Wie kommt man dazu, so viele Platten zu besitzen?

„Eigentlich wollte ich vor 15 Jahren meine Plattensammlung aus den 80ern auflösen“, beginnt Heinz-Bernd Töns, „aber dann merkte ich schnell, dass sie nichts wert war.“ Da er aber schon mal auf einer Börse war, seine eigenen Scheiben aber leider nicht los wurde, ließ er sein Geld bei der „Konkurrenz“ und kaufte diverse Schallplatten, stellte diese dann ins Internet und war erstaunt, wie schnell alle Exemplare verkauft waren.

Dem Internetverkauf folgten Trödelmärkte, auf denen er seine Schätze anbot. Und dann kam irgendwann die alles entscheidende Frage: „Kaufen Sie auch an?“

Foto oben rechts: Schallplatten erleben ein Comeback

„Warum eigentlich nicht“, dachte sich der Plattensammler und konnte schon beim nächsten Angebot nicht  Nein sagen. 20.000 Singles wechselten daher schnell den Besitzer und stapelten sich im Keller seines Elternhauses. Heinz-Bernd Töns hatte Blut geleckt, war immer öfter auf einschlägigen Börsen und bekam immer bessere Kontakte zu Händlern und Käufern der Plattenbranche. „Man kennt sich halt. Aber ohne den Rückhalt und die Hilfe meiner Frau, könnte und kann ich mir dieses "Hobby" nicht leisten“, ist Heinz-Bernd Töns seiner Frau Dajana dankbar. So kümmert sie sich nicht nur um die beiden gemeinsamen Töchter, sondern hilft auch gerne im Café mit.

Foto oben rechts: Der Familienmensch Heinz-Bernd Töns mit seiner Frau Dajana und seinen Töchtern Laura und Lina

Als er vor sechs Jahren von seinem besten Kunden nichts mehr hörte, fragte er nach und erfuhr, dass er leider verstorben war und seine Tochter die Sammlung verkaufen wollte. „Die 20.000 Singles vor sechs Jahren waren ja schon eine Macht, aber jetzt standen über 100.000 Singles und nochmal 30.000 LPs zum Verkauf. Das war eine echte Hausnummer“, staunt Heinz-Bernd Töns heute immer noch über diese Riesenmenge. „Als ich näher hinsah, musste ich einfach zugreifen. Die Sammlung enthielt einmalige Schätze, darunter original- und toperhaltene ‚Star Club‘-Magazine und Singles.“

Diese Menge konnte er natürlich nicht auch noch im Keller unterbringen, also suchte er sich eine Lagerhalle, die er zum Glück auch in Dorsten fand. Seitdem ist er Ansprechpartner für alle, die eine bestimmte Platte suchen oder auch nur in dem Riesenangebot stöbern möchten. „Die ganze Sammlung wog 8,5 Tonnen“, erinnert sich Heinz-Bernd Töns, der seinen Freunden heute immer noch dankbar ist, dass sie ihm beim Tragen geholfen haben.

Foto oben rechts: In Nebenraum des Vinylcafés hält Heinz-Benrd Töns rund 6.000 LPs und 2.000 Singles für seine Kunden bereit. Einige der zu sehenden Cover werden dem einen oder anderen Leser wohl sehr bekannt vorkommen.

Zwei Erlebnisse sind ihm während dieser Zeit besonders im Gedächtnis geblieben. „Ein Nachbar meines Plattenlagers stand eines Tages vor der Tür und suchte eine bestimmte Single von Cliff Richard. Der ältere Herr wurde auch fündig, stutzte aber, als er den Namensstempel auf dem Cover sah: Es war seine eigene Platte, die ihm vor 50 Jahren verloren gegangen war.“
Aber auch einer älteren Dame aus dem Seniorenheim konnte er einen Wunsch erfüllen. „Sie rief mich an und suchte ‚Monika‘ von Ulli Martin.“ Die älteren Leser erinnern sich sicher an Dieter Thomas Hecks Hitparade mit dem damals bekannten Schlager „Schön war die Zeit, die Zeit mit Monika“. Die Seniorin Monika passte auf den Sänger auf, als er klein war und glaubte, er hätte den Song für sie geschrieben. Ehrensache, dass Heinz-Bernd Töns die Singles den beiden Senioren schenkte.

In seinem Riesenfundus werden Mareike und Andre aus Senden jedes Mal fündig, wenn sie nach Dorsten kommen. „Die psychopathischen Queen-Sammler“, wie sie sich selbst nennen, haben sich auf einer Plattenbörse kennengelernt und sammeln seit 27 Jahren alles, was der „Freddy-Mercury- und Queenmarkt“ hergibt. Erst kürzlich haben sie hier im alten Trafogebäude Freddy Mercury als Holzpuppe ergattern können. Die Figuren, die ineinander gestapelt üblicher- und fälschlicherweise Babuschka genannt werden, kommen aus Russland und heißen eigentlich Matroschka. Wie immer sie auch genannt werden, Andre und Mareike sind froh, den „Holzfreddy“ ihr Eigen nennen zu können.

Foto oben rechts: Im Lager von Heinz-Bernd Töns beginden sich rund 6.000 LPs und 60.000 Singles

Mittlerweile sind, bedingt durch das Comeback der schwarzen Scheiben, auch wieder verstärkt Plattenspieler zu kaufen. Der Servicetechniker bringt aber auch stilgerecht alte Schätzchen wieder zum Laufen. Ein ganz besonderes, unverkäufliches Exemplar steht direkt am Eingang seines Plattenarchivs: der Vorläufer des Plattenspielers, ein altes, noch funktionstüchtiges Grammofon. Heinz-Bernd Töns kurbelt es an der Seite an, legt die Schellackplatte, die mehr als doppelt so schwer ist wie eine Vinylscheibe, aber nur wenige Minuten Hörgenuss verspricht, auf den Plattenteller und der Ton, der durch den Trichter schallt, versetzt den Zuhörer zurück in die Anfänge des letzten Jahrhunderts.

Zurück zur Wirklichkeit. Sie möchten sich von Ihren Platten trennen? Dann schnappen Sie sich doch Ihre alten LPs, Singles oder auch CDs und fahren Sie damit zum Vinylcafé. Heinz-Bernd Töns sagt Ihnen dann, ob er Ihre Sammlung aufkauft. Verbinden Sie Ihren Plattenhandel doch am besten mit einem Besuch der Open Stage und geben Sie damit den dort auftreten Künstlern ihren Lohn: ein volles Haus, interessierte Zuhörer und reichlich Applaus.

Foto oben rechts: Für gut abgestimmte Live-Musik im Vinylcafé gibt es auch das dafür benötigte Mischpult

Das Café hat donnerstags ab 17:00 Uhr und samstags ab 12:00 Uhr geöffnet.
Die Acoustic Open Stage findet alle 14 Tage ab 19:00 Uhr im Vinyl Café statt. Die nächste offene Bühne ist für den 1. März geplant. Es treten zwischen vier und zehn Künstlern auf, eine Anmeldung der Künstler ist erwünscht, aber nicht dringend erforderlich.
Der Eintritt ist frei.

Zusätzlich finden regelmäßig Konzerte und Partys im Vinylcafé statt. Informationen dazu gibt es vor Ort oder auf

www.facebook.com/Vinylcafe-Schwarzes-Gold-1608497376124739/

Text: Martina Jansen
Fotos: Christian Sklenak

Zurück