„Es war einmal…“, das war einmal! – Es lebe das neue Kinderbuch

von Martina Jansen

„Es war einmal…“, das war einmal! – Es lebe das neue Kinderbuch

Ina Jaursch ist seit neun Jahren Lesepatin in der KiTa „An der Windmühle“.

Einmal in der Woche, jeden Dienstag um 9:00 Uhr, kommt Ina Jaursch zu den Kindern der evangelischen KiTa „An der Windmühle“ in Hervest und verbringt dort mindestens zwei Stunden, um jeweils einem kleinen Kreis KiTa-Kindern vorzulesen. Die freundliche Hervesterin kommt mit ihrer herzlichen Art bei den Kids gut an. Jeden Dienstag freuen sie sich schon auf „ihre Ina“ und können es kaum abwarten, endlich neue Geschichten zu hören. In dem ruhigen Raum, etwas abseits der sonstigen Spielaktivitäten der anderen Kinder, sind die Regale vollgepackt mit Büchern. In dieser Leseecke, die durch die roten Vorhänge in warmes Licht getaucht ist, kuscheln sich die wenigen Kinder mit Kissen in ihre Couch und hören gespannt zu. 

„Es war einmal…“ – das war einmal. Die heutigen Geschichten sind zeitgemäß und nicht mehr so grausam, wie es Märchen aus früheren Zeiten waren. Hexen, böse Drachen und fiese Gestalten haben Platz gemacht für freundliche Figuren, die die Kinder nicht fürchten müssen. Eher im Gegenteil, viele Hauptfiguren in den Kinderbüchern sind mittlerweile Vorbilder geworden – und das nicht nur für Kinder.  

Ina Jaursch wählt die Geschichten normalerweise nach der Jahreszeit aus, für heute hatte sie ursprünglich „Die Geschichte vom hässlichen Entlein“ ausgesucht, entschied sich dann jedoch für ein anderes Kinderbuch: „Miss Quasselstrippe“ und selbst die Kleinsten konnten mit diesem Begriff bereits etwas anfangen. In diesem Buch geht es darum, dass man manchmal etwas länger suchen oder ausprobieren muss, aber schließlich jeder Mensch seinen Weg geht oder den Beruf findet, der zu ihm passt. Die Lesepatin betont einzelne Worte ganz besonders, lässt sie wirken, liest einige Sätze sehr langsam, um anschließend genauso schnell und so viel zu sprechen wie die Quasselstrippe aus dem Buch. Ihr Vorlesestil gefällt den Kleinen, sie hören gespannt zu, sind mitten im Geschehen, schauen sich die Bilder an und geben Antworten auf die Fragen, die ihnen „ihre Ina“ stellt. 

Foto oben rechts: Eng auf der Couch gedrängt hören die KiTa-Kinder "ihrer Ina" aufmerksam zu

Ina Jaursch ist Mitglied im Netzwerk „Dorsten liest vor“ und erfuhr vor zehn Jahren durch einen Bericht in einer Zeitung, dass Lesepaten für KiTas und Schulen gesucht werden. „Ich habe schon immer gerne vorgelesen und auch Geschichten erzählt“, erinnert sich die Hervesterin, „also nahm ich Kontakt mit Anni Kappenberg auf, die mit Dr. Horst Grothues gemeinsam das Netzwerk gründete.“ 

Ziel und Aufgabe dieses Netzwerkes ist, dass Dorstener Bürgerinnen und Bürger in Kindergärten, Schulen und Bibliotheken aus kindgerechten Büchern vorlesen. Nachdem Ina Jaursch ein kurzes Seminar bei der Tochter der Netzwerkgründerin besuchte, stand für sie fest, dass auch sie Lesepatin werden möchte. Zum Glück wurde ihr kurz darauf die KiTa „An der Windmühle“ vorgeschlagen. „Das ist ganz bei mir in der Nähe“, freut sich die 71-Jährige, „die zehn Minuten gehe ich schnell zu Fuß. Abgesehen davon ist das Vorlesen in der Schule nicht ganz so einfach. Da müssen sich die Kinder schon mal 45 Minuten konzentrieren und das fällt einigen nicht immer leicht.“

Foto oben rechts: Ina Jaursch liest vor

Nach jeder kurzen Geschichte wechselt die kleine Gruppe. Maximal acht neue Jungen und Mädchen dürfen nun Platz in der Leseecke nehmen und ihrer Lesepatin beim Vorlesen zuhören. Die beiden „Großen“ Jahro und Maya können sich bereits schon so lange konzentrieren, dass sie sitzenbleiben und die Vorlesegeschichte zweimal nacheinander hören dürfen. Zum ersten Mal die Geschichte der Quasselstrippe hören heute Leon, Leon und Linus.   

Elke Ricke, die Leiterin der KiTa „An der Windmühle“ wurde damals von Anni Kappenberg angesprochen und gefragt, ob sie sich eine Lesepatin in ihrer Einrichtung vorstellen könnte. „In vielen Familien wird nicht mehr vorgelesen, da ersetzt das Fernsehen leider die gemeinsamen Lesestunden. Wir haben daher dem Projekt ‚Lesepaten‘ sofort zugestimmt und Ina Jaursch ist seitdem eine totale Bereicherung für unsere Einrichtung“, freut sich Elke Ricke. „Im pädagogischen Alltag hat das Lesen einen hohen Stellenwert. Lesen ist Sprache und Sprache ist Bildung“, bringt sie es auf den Punkt. „Soweit ich weiß, haben alle evangelischen KiTas in Dorsten bereits eine Lesepatin“, fährt Elke Ricke fort.
Es ist erwiesen, dass Lesen und Vorlesen die Rechtschreibfähigkeit der Kinder verbessert. Zusätzlich werden aber dadurch auch Kreativität und Konzentration gefördert. Und wenn das alles noch spielerisch und im Ehrenamt, so wie bei Ina Jaursch, geschieht, dann ist das Ziel des Netzwerkes „Dorsten liest vor“ erfüllt.
„Es war einmal …“, das war einmal! Es lebe das neue Kinderbuch. 

Das Netzwerk „Dorsten liest vor“ sucht immer wieder neue Lesepaten. Haben Sie Interesse? Dann wenden Sie sich an Anni Kappenberg unter der Telefonnummer 02362/25481 oder per Mail jkappenberg@tele2.de

Foto oben rechts: „Ina ist die Beste!“ Maya (5) 

Text: Martina Jansen
Fotos: Christian Sklenak

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