„Einmal noch …“

von Martina Jansen (Kommentare: 0)

75 ehrenamtliche Begleiter erfüllen letzte Wünsche

Gesunde Menschen haben tausend Wünsche, Kranke haben nur wenige. Manchmal haben sie nur den einzigen Wunsch, gesund zu werden. „Diesen Wunsch können wir leider nicht erfüllen“, bedauert Birgit Bäumer-Borgmann Projektleitung Wünschewagen Westfalen des Arbeiter-Samariter-Bundes mit Standort Münster. „Aber unsere Ehrenamtlichen geben ihr Bestes, um alten oder todkranken Menschen am Ende ihres Lebensweges gut umsorgt noch einmal an ihren Lieblingsort zu bringen“, fährt sie fort. Hier von Münster aus werden auch Fahrten von Gästen aus Dorsten und Haltern organisiert.

„Einmal noch an die Nordsee.“ „Einmal noch zum Grab meiner Eltern.“ „Einmal noch die Seele baumeln lassen.“ Dass die Wünsche betagter oder todkranker Menschen bescheiden sind, das weiß Mirjam Schlottbohm aus eigener Erfahrung. Die Palliativschwester ist seit zwei Jahren im Team des Münsteraner Wünschewagens. Bereut hat sie ihren Einsatz dort nie, „denn Menschen etwas Gutes zu tun, das ist eine Bereicherung auch für mein Leben“, erzählt sie.

Der Standort Münster ist einer der drei Wünschewagen-Standorte des ASB in NRW. Seit Sommer 2018 versucht Birgit Bäumer-Borgmann, Projektleitung Wünschewagen Westfalen, alles, um die Fahrt perfekt zu organisieren, damit ihre Fahrgäste, wie die Ehrenamtler die Patienten nennen, einen unvergesslichen Tag erleben. „Aber auch für die Angehörigen ist es eine bleibende Erinnerung.“

Foto oben rechts: Mit dem Wünschewagen Wünsche wagen! Birgit Bäumer-Borgmann (rechts) und Stefanie Könitz-Goes organisieren die Fahrten mit dem Wünschewagen

Mit an Bord sind jeweils ein Rettungssanitäter, eine Pflegefachkraft sowie ein geschulter Begleiter, der für den Fahrgast und seine Begleiter auch für Trauergespräche zur Verfügung steht, falls sie es wünschen. Wünscht die Gruppe etwas Privatsphäre, dann halten sich die Wunscherfüller dezent zurück, sind aber jederzeit zur Stelle, wenn ihre Hilfe nötig ist.

„Meistens bleibt an diesem Tag die Krankheit außen vor und unsere Gäste wollen den Tag einfach nur genießen. Dafür mobilisieren sie oft noch ihre letzten Kräfte“, berichtet Stefanie Könitz-Goes. Sie leitet das Fundraising, denn der Wünschewagen finanziert sich ausschließlich über Spenden. „Stellt der behandelnde Arzt dem Fahrgast eine Transportunbedenklichkeitsbescheinigung aus, besprechen wir die Fahrt mit den Palliativärzten, dem Hospiz, dem Pflegeheim oder mit den Angehörigen“, fährt die Projektleiterin fort. „Alle Begleiter arbeiten ehrenamtlich und verbringen ihre Freizeit am Wochenende im Dienste der Menschlichkeit“, sind sowohl Birgit Bäumer-Borgmann als auch Stefanie Könitz-Goes stolz auf ihre engagierten Samariterinnen und Samariter.

Über 300 Anfragen in zwei Jahren nahm das ASB-Team in Münster auf. „Durch das Virus sind die Fahrten etwas aufwendiger geworden, aber wir gehen nun dadurch auch neue Wege“, freut sich Birgit Bäumer-Borgmann. „So konnten wir in Zusammenarbeit mit den Betreuern im Hospiz eine Liveschaltung aus dem Berliner Zoo ermöglichen. Eine junge Frau wollte gerne noch einmal die Pandabären sehen, und so konnten ihre beiden kleinen Kinder bereits vor Öffnungsbeginn aus dem Zoo direkt ins Zimmer ihrer kranken Mutter streamen“, fährt sie fort. „Diese erste digitale Wunscherfüllung wird uns natürlich im Gedächtnis bleiben“, ist sich Stefanie Könitz-Goes sicher.

Foto oben rechts: Das ASB-Team aus Münster

In Erinnerung bleibt auch der ehrenamtlichen Begleiterin Mirjam Schlottbohm ihre erste Fahrt. „Ein Heavy-Metal-Fan wollte gerne noch einmal über die Köhlbrandbrücke in Hamburg fahren. Wir rollten damals langsam mit AC/DCs Thunderstruck über die Brücke, den Lautstärkeregler dabei bis an den Anschlag gedreht. Ich bekomme jetzt noch Gänsehaut, wenn ich daran zurückdenke“, wird die 45-Jährige etwas emotional.
Einen Wunsch anmelden kann, nach Absprache mit dem betreffenden Fahrgast, jeder. Der ASB-Wünschewagen setzt da an, wo Angehörige überfordert sind, wenn ein Fahrgast nur liegend transportiert werden kann, pflegerische medizinische Betreuung benötigt wird oder die Familie sich den Ausflug allein nicht zutraut. Warten Sie aber nicht zulange, denn der alte oder kranke Mensch soll die Fahrt noch so gut es ihm möglich ist „genießen“ können. Melden Sie sich gerne unter der Wünschewagen-Rufnummer: 0251 2897270 oder per E-Mail an wuenschwagen@asb-muenster.de
www.asb-muensterland.de/angebote/wuenschewagen

Foto oben rechts: "Einmal noch ans Meer." Dieser Wunsch erfüllte sich für diesen totkranken Mann

Das Team des Wünschewagens freut sich jederzeit über neue ehrenamtliche Begleiter, die das Projekt unterstützen. Wenn Sie dafür spenden möchten, dann bitte auf folgendes Konto:
ASB Münsterland
Bank für Sozialwirtschaft
IBAN: DE28 3702 0500 0007 2723 00
Stichwort: Wünschewagen Westfalen

Text: Martina Jansen
Fotos: privat

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