Ehrenamt hat viele Gesichter: Kerstin Siewek singt zugunsten des Kinderhospiz Recklinghausen

von Martina Jansen

Ehrenamt hat viele Gesichter: Kerstin Siewek singt zugunsten des Kinderhospiz Recklinghausen

Während einige Ehrenamtler eher im Verborgenen agieren, ist es bei Kerstin Sieweks sozialem Engagement wichtig, dass die Öffentlichkeit daran teilhat. 

Die Dorstenerin steht seit 19 Jahren einmal jährlich für einen guten Zweck auf der Bühne. Der Erlös ihrer „John-Denver-Gedächtnis-Konzerte“ geht in den letzten Jahren generell an den „Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst Kreis Recklinghausen“.

Musik spielte in Kirsten Sieweks Leben schon immer eine große Rolle. So trat die Musiklehrerin in Musicals auf oder sang lange in einer Countryband. Mit neun Jahren trat sie in den Erler Kinderchor ein, ohne zu wissen, dass sich sechs Jahre später ihr Leben dadurch ändern würde. Nicht grundlegend, aber zumindest musikalisch.

Auf einer Busfahrt von der Gastfamilie, bei der sie während der Amerikatour des Kinderchores wohnte, zu einem Auftritt hörte die damals 15-Jährige zum ersten Mal „Country Roads“ von John Denver. Sofort war sie Feuer und Flamme für diesen Sänger, ohne zu wissen, wie er aussieht – war er doch damals in Amerika mäßig, in Deutschland gar nicht bekannt. Zu Hause angekommen, kaufte sie alle verfügbaren LPs auf und sammelte, wie als Teenager üblich, alles über ihren Schwarm. Blond, gutaussehend – so einen Schwiegersohn wünschte sich damals sicher jede Mutter.   

Volle sechs Jahre musste der Vollblutfan warten, bis der Countrysänger in ihrer Nähe ein Konzert in Deutschland gab. Kerstin kam jedoch zu spät – alle Karten waren verkauft. Also fuhr die 21-Jährige nach Düsseldorf, wo sie erst einmal überlegte, wo so ein Star denn wohl wohnen würde. „Hilton“ kam ihr sofort in den Sinn und tatsächlich, als sie vor dem Hotel stand, sah sie ihr Idol in der Lobby. Aber wie sollte sie nun hineinkommen? Wo ein Wille ist, da ist bekanntlich auch ein Weg. So fand die junge Frau einen Weg an der Lobby vorbei und wartete in einem Seitengang. Dort hielt sie sich so lange auf, bis es auffiel und ein Mann sie auf Englisch fragte, was sie suchen würde. Kerstin ergriff ihre Chance – ahnte sie doch, dass ein Englisch sprechender Mann zum Gefolge ihres Stars gehören könnte – und schilderte ihm auf bestem Englisch das Problem der fehlenden Eintrittskarte. Sie lag richtig mit ihrer Ahnung, denn es war der Tontechniker, der sie darauf abends um 18 Uhr in die Lobby bat. Um es kurz zu machen: Kerstin ging zweimal mit der ganzen Crew – einschließlich John Denver – essen, anschließend folgte ein Diskobesuch in der Altstadt, sie bekam einen Backstage-Pass und das Konzert konnte sie auch besuchen. 

Am 12. Oktober 1997, auf der Rückfahrt von einem Urlaub in Österreich, erfuhr Kerstin Siewek vom Flugzeugabsturz und Tod des beliebten Sängers. Sofort stand für sie fest, dass sie das soziale Engagement, dass er jahrelang ausübte, in Form eines Konzertes würdigen würde. Und so gab sie, auch aus Dankbarkeit für den schönen Abend vor 18 Jahren, ein Tribut an John Denver vor 50 geladenen Gästen. 

Foto oben rechts: Gitarre und Mikrofon - mehr braucht Kerstin Siewek nicht, um ihr Publikum zu unterhalten

Das Konzert kam so gut an, dass es beschlossene Sache war, es zu wiederholen. Seitdem steht die Musikerin einmal jährlich in Gelsenkirchen-Erle mit zwei guten Freunden und ausschließlich mit Songs des amerikanischen Sängers auf der Bühne, zwischendurch begleitet von Fünf- und Sechstklässlern, die mit ihrer Musiklehrerin extra für diesen Auftritt proben. Die „Konzerthalle“ ist immer bis auf den letzten der 600 Plätze gefüllt und der Spendenbehälter füllt sich jedes Mal recht schnell.

Seit Jahren treffen sich immer wieder die gleichen Fans zwischen acht und 88 Jahren bei den Konzerten, zu denen der Eintritt frei ist. Zusätzlich geht der Reinerlös aus den Getränkeverkäufen sowie der Erlös ihrer CDs komplett an das Kinderhospiz. Zwischen 3000 und 4000 Euro kommen auf diese Weise jedes Jahr zusammen. 

Anne Grunenberg, die Organisatorin des Kinderhospizes, steht am Ende des ersten Sets mit auf der Bühne und erklärt, wofür die Spendengelder verwendet werden. „Das ist mir sehr wichtig“, betont Kerstin Siewek. „Ich möchte dass sichtbar wird, dass das Geld auch wirklich dort ankommt.“ 

Bereits Anfang des Jahres beginnt die Musikerin jeweils mit den Vorbereitungen für das kommende Konzert. Zwei Programmpunkte sind immer dabei: Ein Opener als Video im Duett mit John Denver und „Leaving on a jet plane“ inklusive Text zum Mitsingen. Was einfach aussieht, ist eine große technische Herausforderung, die viel Zeit und Feinarbeit kostet. Die Zugabe am Schluss eines jeden Konzertes ist immer „Country Roads“, ein absolutes Muss – und zusätzlich gibt es auch jedes Mal eine musikalische Überraschung.

Dieses Jahr findet in Gelsenkirchen leider aus Zeitgründen kein Konzert statt, möglicherweise jedoch in Marseille. Dorthin wurde die Sängerin aufgrund ihrer „John-Denver-Fan-Vernetzung“ eingeladen. Sollte der Auftritt zustande kommen, dann wird Kerstin auf alle Fälle die Tradition Ihres Vorbildes fortsetzen und ebenfalls ein Lied in der jeweiligen Landessprache singen. In Deutschland wählte John Denver bei seinen Deutschlandkonzerten übrigens das Volkslied „Grün ist die Heide“. 

Wer Kerstin Siewek außerhalb ihrer Konzerte singen hören möchte, wird auf YouTube in großer Auswahl fündig. Weitere 120 „Wohnzimmeraufnahmen“ des Countrysängers hat sie noch zur Verfügung, um sie in ihr Programm aufzunehmen. Die nächsten Konzerte und somit Spenden fürs Kinderhospiz sind also gerettet.

Foto oben rechts: Kerstin Siewek hat auch gefühlvolle Songs in ihrem Repertoire

Text: Martina Jansen
Fotos: privat

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