„Die Bretter, die die Welt bedeuten“

von Martina Jansen (Kommentare: 0)

„Die Bretter, die die Welt bedeuten“

Tina Podstawa und Stefan Stara stehen seit über 20 Jahren als Musical-Darsteller auf der Bühne

Die beiden unterschiedlichen Seiten eines Musicals werden am besten an folgender Szene sichtbar: Januar 2019, auf der Rückfahrt vom Besuch des Musicals „Der König der Löwen“ sitzt Stefan Stara gemeinsam mit den Besuchern in einem der Boote, in denen man von der Musicalhalle im Hamburger Hafen herüber zu den Landungsbrücken gelangt. Die Einen schwärmen von der tollen Show, der Andere checkt nach seinem Arbeitstag das Handy. „Während die Zuschauer in ihren Gedanken noch einem wunderschönen Abend nachhängen und den Abend vielleicht mit einem Glas Wein in einer der kleinen Bars oder auf der Reeperbahn nachts um halb eins ausklingen lassen, ist für mich jetzt Feierabend nach einem ganz normalen Arbeitstag“, so Stefan Stara.
Seiner Frau geht es nicht anders, jedoch befindet sie sich in einer anderen Stadt. Nach einem mehrmonatigem Engagement am Aachener Grenzlandtheater, wo sie sich täglich in das Hausmädchen „Magenta“ im Kultmusical von Richard O Brien “The Rocky Horror Show“ verwandelte, ist sie nun wieder die Dorstenerin Tina Podstawa.

Für beide Darsteller ist ihre Vertragszeit in den Musicals ausgelaufen, aber sie bereiten sich bereits wieder auf neue Rollen vor. Dieses Leben ist für die beiden Dorstener nicht ungewöhnlich, denn seit über 20 Jahren spielen sie national und international auf den „Brettern, die die Welt bedeuten“. 

Stefan führten seine Engagements in den Jahren unter anderem nach Hamburg, Stuttgart, St. Gallen, Mannheim, Gelsenkirchen, Detmold und Köln sowie nach Osaka und Tokio.

Foto rechts: Stefan als Timon in "König der Löwen"

Tina hatte ebenfalls Auftritte quer durch die ganze Republik sowie in den angrenzenden Niederlanden, zudem war sie als Dozentin für Musical und Jazz-Dance tätig.

Für Tina stand bereits mit neun Jahren fest, dass Musik und Tanz in ihrem Leben eine große Rolle spielen werden und sie nahm daraufhin Ballettunterricht. Doch mit dem Besuch ihres ersten Musicals „Cats“ änderte sich alles: „Seitdem wollte ich ebenfalls Musical-Darstellerin werden.“ Mit Show- und Stepptanz, Theater-AG, Klavierstunden und Gesangsunterricht aber natürlich auch mit Schulunterricht am Gymnasium St. Ursula, war die junge Dorstenerin vielbeschäftigt, aber ihr Einsatz lohnte sich. Sie bestand nicht nur ihr Abitur, sondern auch die Aufnahmeprüfung am „Fontys Dansacademie/Brabants Conservatorium“ in Tilburg (Niederlande). Ihr vierjähriges Gesangs-, Schauspiel- und Tanz-Studium, bei dem sie auch fließend Niederländisch lernte, schloss sie zur Jahrtausendwende mit dem "Bachelor" ab.
Ihr Mann Stefan Stara, gebürtiger Oberhausener, absolvierte nach dem Abitur zunächst eine Schlagzeugausbildung am Institut für Popularmusik in Duisburg. 1999 nahm er ebenfalls das Studium zum Musical-Darsteller an der Folkwang Hochschule in Essen auf und beendete wie auch seine Frau nach vier Jahren sein Studium mit dem Diplom.
Obwohl sie weit voneinander entfernt studierten, trafen sich ihre Wege 1999 dennoch: beim Bundesgesangswettbewerb der Sparte Musical/Chanson in Berlin. „Diesen Wettbewerb nutzt eigentlich jeder Student der Musikhochschulen, um Kontakt zu wichtigen Leuten aus der Branche zu knüpfen und natürlich auch als Sprungbrett fürs erste Engagement“, erklärt Tina, die Stefan Stara dort zum ersten Mal begegnete. Ihr Sprungbrett war der Gewinn des Förderpreises bei diesem Gesangswettbewerb, woraufhin das erste Profi-Angebot für eine Rolle bei den Sommerfestpielen in Ettlingen folgte. Ein Jahr später ging es dann zu „Elisabeth“ ans Colosseum Theater Essen. Damit nahm nicht nur ihre Karriere ihren Lauf, auch Stefan Stara sah sie nun immer öfter und mittlerweile ist er seit fast 20 Jahren ein Dorstener Bürger.

Foto oben rechts: Tina als Babette in "Die Schöne und das Biest"

Normalerweise ist das Ehepaar getrennt voneinander in verschiedenen Theatern unterwegs, mit Ausnahme der gemeinsamen Engagements beim Musical „Dracula“ im Jahr 2010 und beim Poporatorium „Luther“ in den Jahren 2017 und 2018, produziert von der „Creativen Kirche Witten“. „Das war ein Riesenprojekt mit bis zu 4500 Teilnehmern im Chor, Band, Orchester und uns zwölf Musical-Solisten“, schwärmt die Schauspielerin noch heute über die Zeit, die sie beruflich mit ihrem Mann genießen konnte.
Tina Podstawas und Stefan Staras Verträge bei einem Musical dauern meistens eine Saison, danach werden sie eventuell verlängert oder sie müssen sich für neue Projekte bewerben. Bei diesen Castings kommen schon mal bis zu 1000 Bewerber auf eine begehrte Rolle.
„Die Rollenprofile müssen passen“, erklärt Stefan, nach welchen Gesichtspunkten er und Tina Podstawa sich die infrage kommenden Musicals aussuchen. „Wir beide mögen gerne Klassiker wie beispielsweise ‚West Side Story‘ mit gleichen Anteilen von Gesang, Tanz und Schauspiel, bei denen wir als Musical-Darsteller unsere ganze Vielseitigkeit zeigen können.“ Ob „Tanz der Vampire”, „König der Löwen“ oder „Grease“ bei Stefan, ob „Rocky Horror Show“, „Sister Act“ oder „Jesus Christ Superstar“ bei Tina, dass sie verwandlungsfähig sind, das steht außer Frage.
„Jedes Stück bringt anfangs bei durchschnittlich sechs Wochen langen Proben neue Herausforderungen mit sich, aber ebenso auch so etwas wie Rhythmus und Normalität in unseren Alltag“, freut sich Stefan. „Die Kehrseite der Medaille ist die finanzielle Unsicherheit in unserem Job, aber dafür kommt bei uns so schnell auch keine Routine auf“, fährt der Darsteller fort und seine Frau ergänzt: „Routine in unserem Job wäre tödlich. Die Gäste zahlen viel Geld und haben einen Anspruch auf eine gute Show. Also bringen wir mit einem Schnupfen 100 Prozent Leistung, ohne sogar 120.“

Foto oben rechts: Das musikalische Ehepaar fühlt sich in Dorsten sehr wohl

Diese Leistung zeigen die zwei in letzter Zeit lieber in Stadttheatern im näheren Umfeld von Dorsten. Auch ihrem sechsjährigen Sohn zuliebe, der hier in Dorsten gut behütet aufwachsen soll. Da trifft es sich gut, dass sich die Schauspielerin ein zweites Standbein geschaffen hat. „Ich habe immer schon gerne mit Kindern und Jugendlichen im Bereich Tanz gearbeitet und nach meiner Yogalehrer-Ausbildung 2012 habe ich deshalb noch eine Fortbildung im Bereich Kinderyoga, Pränatal- und Yin Yoga absolviert und biete dafür regelmäßige Kurse an.“
In Fritz Schaefers Hörspielen „Pommes- Soko“ und seinen Kurzfilmen machten Tina und Stefan gerne mit und mittlerweile haben die beiden zudem auch ihr Herzensprojekt verwirklicht. Ihr Chansonabend „Für eine Nacht voller Seligkeit“ mit Chansons der 20er und 30er Jahre im „Alten Rathaus Dorsten“ war zweimal ausverkauft und sorgte für Begeisterung bei den Besuchern. Am 13. April stehen sie mit dem Projekt im „Lea Drüppel Theater“ in Haltern auf der Bühne. Auch hier werden sie von Michael Ashton am Piano begleitet. „Mit seinem Herzensprojekt begeistern zu können ist noch einmal etwas ganz anderes, als eine Rolle in einem der großen Musicals zu spielen“, freut sich Stefan über den Erfolg ihres gemeinsamen Projektes.

 Begleiten Sie die beiden sympathischen Dorstener und lassen Sie sich entführen in die Zeit des Stummfilms und der Tanzcafés.
Karten gibt es ab sofort unter www.lea-drueppel-theater.de.

Foto oben rechts: "Für eine Nacht voller Seligkeit"

Text: Martina Jansen
Fotos: Christian Sklenak und privat

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