Dr. med. Simone Sowa, medizinische Leiterin der "Spes Viva"-Palliativstation des Dorstener St. Elisabeth-Krankenhauses

von Martina Jansen

Dr. med. Simone Sowa, medizinische Leiterin der "Spes Viva"-Palliativstation des Dorstener St. Elisabeth-Krankenhauses

Das Palliativ Netzwerk Dorsten „Spes Viva“ – Lebendige Hoffnung

Ich sitze vor dem Kreißsaal des St. Elisabeth-Krankenhauses in Dorsten und bin etwas angespannt. Gleich treffe ich Dr. med. Simone Sowa, die leitende Oberärztin der Abteilung Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Ich bin weder krank, noch erwarte ich im späten Alter ein Kind – ich treffe Frau Dr. med. Sowa, um mit ihr die kleine „Spes Viva“-Palliativstation anzusehen. Das Thema Palliativmedizin ist ernst, doch die Oberärztin ist eine so lebenslustige Frau, die mit diesem Thema ganz offen umgeht und mir damit meine Befangenheit nimmt.
„Ich decke zu meinem Glück die ganze Bandbreite der Medizin ab“, beschreibt sie mir ihren beruflichen Alltag. „Ich hole Kinder auf die Welt, heile meine weiblichen Patienten, begleite aber auch unheilbar Kranke Menschen in ihren letzten Monaten oder Tagen. Die Mischung gefällt mir, allerdings musste ich mich als Frauenärztin erst einmal daran gewöhnen, dass nun auch Männer zu meinen Patienten gehören.“

Dr. Simone Sowa beendete ihre Zusatzausbildung zur Palliativmedizinerin im Jahre 2007. Zusätzlich bildete sie sich weiter auf den Fachgebieten Gynäkologische Onkologie, Medikamentöse Tumortherapie und Psychosoziale Onkologie und ist seitdem Palliativmedizinerin mit Leib und Seele.

Foto oben rechts: Dr. med. Simone Sowa

Als das Dorstener Krankenhaus zusammen mit dem Hospizverein beschloss, einen Palliativbereich nach dem Vorbild des Palliativmediziners Prof. Dr. med. Winfried Hardinghaus einzurichten, war Frau Dr. Sowa gerne bereit, die Leitung dieses Bereichs zu übernehmen. Der  ärztliche Direktor des Krankenhauses St. Raphael in Osterkappeln gründete im Jahre 1994 das Palliativ-Modelprojekt „Spes Viva“. Hier werden schwer kranke Menschen und ihre Angehörigen optimal und ganzheitlich behandelt. Inzwischen haben sich deutschlandweit viele Krankenhäuser diesem Model angeschlossen, unter anderem das St. Elisabeth-Krankenhaus Dorsten im Jahre 2008. Im Kreis Recklinghausen ist es Vorbild hinsichtlich Ausstattung und Personal. Sowohl die Errichtung dieses Bereichs, als auch der Unterhalt, um die umfassende Versorgung der Palliativpatienten zu gewährleisten, funktioniert nur durch die Hilfe von Spenden.

Foto oben rechts: Das gemeinsame Wohnzimmer, das den Patienten der „Spes Viva“-Palliativstation zur Verfügung steht.

 

 

Nicht nur die Ärzte hier sind besonders geschult, auch das Pflegepersonal auf der Station hat sich speziell für die Palliativmedizin weitergebildet. Hier hat jeder Arzt, jede Ärztin, jede Schwester und auch jeder Pfleger Zeit. Zeit für Gespräche, Zeit für alternative Behandlungsmethoden, Zeit für „Sonderwünsche“. 

„Wenn ich nach einer schweren Operation oder bei einem hektischen Arbeitsalltag die Tür zum „Spes Viva“-Bereich hinter mir schließe, dann entschleunige ich mich“, weiß die leitende Gynäkologin den Aufenthalt hier zu schätzen. „Ich biete den Patienten dort Gespräche in Augenhöhe an und versuche, ihnen Ruhe und Sicherheit zu geben. Neben der klassischen Schulmedizin bieten wir alternative Methoden an. Bei Schlafstörungen zum Beispiel helfen ihnen Klangschalen und Massagen, Atemtherapien oder andere Entspannungstechniken. Aber wir bieten nicht nur palliative Pflege und Physiotherapien an. Die Mitglieder unseres Netzwerkes helfen bei der Organisation der häuslichen Pflege, bieten eine psychologische Begleitung und Trauerbegleitung an und auf Wunsch auch sakramentale Begleitung durch unsere Seelsorger.“
Und last but not least stehen auch die ehrenamtlichen Helfer des „Hospiz-Freundeskreis e.V. Dorsten“ mit Gesprächen und Besuchen den Patienten und deren Angehörigen zur Seite.

Foto oben rechts: Das großzügige Patientenzimmer ...

... mit Zugang zu einer eigenen Terrasse

 

 

 

„Auf unserer Homepage steht der Satz: ‚Die Palliativmedizin bejaht das Leben und sieht das Sterben als einen natürlichen Prozess. Sie lehnt aktive Sterbehilfe in jeder Form ab‘ und so handeln wir auch“, erzählt Dr. med. Simone Sowa weiter. „Wir lindern die Beschwerden der unheilbar kranken Menschen, um ihre Lebensqualität zu verbessern. Wir begleiten sie jedoch auch und ermöglichen den Patienten und ihren Angehörigen einen Abschied in Geborgenheit und Würde.“ 

Um diese besondere Zuwendung gewährleisten zu können, wurde das Netzwerk „Spes Viva“ geknüpft, dem ausgebildete Palliativmediziner, das St. Elisabeth-Krankenhaus Dorsten, der palliative Bereitschaftsdienst PKD, der ambulante Hospizdienst Dorsten, der Hospiz-Freundeskreis e.V. Dorsten, das Dorstener Ärztenetz e.V, Sozialarbeiter, eine Psychologin, Seelsorger, Physiotherapeuten und die Stadt Dorsten angeschlossen sind. Durch die starke Vernetzung kann der Patient eine palliative Behandlung in seinem Umfeld erhalten und bei Zunahme der Beschwerden wieder in den Palliativbereich aufgenommen werden.

An erster Stelle steht jedoch der Patient. Das komplette Team des Netzwerkes versucht, die persönlichen Wünsche zu erfüllen. So stand schon einmal eine komplette Hochzeitsgesellschaft auf der Terrasse eines Patientenzimmers, einer anderen Patientin ermöglichten die engagierten Helfer, dass sie sich von ihrem Pferd verabschieden konnte.

„Wir können dem Leben nicht mehr Tage geben, aber wir geben den Tagen mehr Leben“, lautet das Motto aller Mitglieder des „Spes Viva“-Teams, allen voran Dr. Simone Sowa. Und wenn wir die Beschwerden der Patienten lindern können, Raum und Zeit für die Ängste und Sorgen der Patienten und Angehörigen haben, zeitweise auch wieder das Lachen zurück bringen und kleine Ziele stecken können, dann können wir uns sicher sein, dass der Weg den wir gewählt haben, der Richtige ist.

Rufen Sie an, wenn Sie Fragen haben oder Hilfe benötigen. 

Jederzeit! Die Hotline des Palliativnetzwerkes ist Tag und Nacht besetzt:
0 23 62 / 29 59 100

www.palliativmedizin-dorsten.de

Text: Martina Jansen
Fotos: privat

 

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