Zwei beeindruckende Tage

von Martina Jansen (Kommentare: 0)

Zwei beeindruckende Tage

Die Bilder der Verwüstung lassen uns kaum wieder los

In unserer letzten Ausgabe berichteten wir über den Einsatz des Dorsteners Thomas Hein im von der Flutkatastrophe betroffenen Ahrtal. Dieser Bericht hat uns, Ulf Steinböhmer und Christian Sklenak von der Lokallust Dorsten, motiviert als freiwillige Helfer für zwei Tage ins Ahrtal zu fahren. Das, was wir dort vor Ort gesehen und erlebt haben, geht weit über das hinaus, was die uns die aus den Medien bekannten Bilder bisher gezeigt haben.

Bad Neuenahr, unser Einsatzort am ersten Tag. Riesige Schuttberge, je näher wir der Ahr kommen, schlammbrauner Boden überall. Häuser, die schon weit entkernt sind, andere, wo man weiß, dass es diese bald nicht mehr geben wird. Im Ohr allgegenwärtig der Lärm von Bohrhämmern.

Foto oben rechts: Die roten Markierungen für den Hochwasserstand aus den Jahren 2016 und 2021 sind gut zu erkennen

An diesem Tag helfen wir Wolfgang. Sein Haus, direkt an der Ahr gelegen, ist stark betroffen, das Wasser stand bis kurz vor der zweiten Etage. Er hatte gerade eben im Erdgeschoss eine Ferienwohnung hergerichtet, die zu den Weinfesten im Herbst zum ersten Mal gebucht war. „Alles weg“, sagt Wolfgang. Wir arbeiten im Keller, beseitigen Fliesen, Estrich und Putz. Am Ende des Tages verabschiedet sich Wolfgang von uns mit den Worten: „Heute waren genau die Menschen hier, die ich brauchte.“ Wir freuen uns, dass wir Wolfgang helfen konnten, er sich an diesem Tag gut unterstützt fühlte. Am Abend sind wir nachdenklich und müde. Nicht lange und in unserem Hotelzimmer ging das Licht aus.

Am kommenden Tag wurden wir einem Weingut in Dernau zugeteilt. In Dernau angekommen waren wir erschrocken vom Ausmaß der Zerstörungen, obwohl in den Wochen zuvor schon sehr viel aufgeräumt wurde. Die ganze Szenerie schlammbraun, kaputte Häuser und Brücken – die Zerstörungen waren überall zu sehen. Eine bedrückende Szenerie. Die Überschwemmung beschädigte mehr als 85 Prozent der Häuser in Dernau und das Wasser stand in der zweiten Etage häufig bis zur Decke. Im Weingut Schlosshof können wir helfen. In einer Ecke der Produktionshalle steht noch Schlamm. Der Rest der Halle ist noch mit einer dünnen, trockenen Schicht überzogen. Wir entfernen nicht nur den Schlamm in der Ecke, wir arbeiten so lange in der Halle, bis man den blauen Bodenbelag wieder sehen kann. „Das ist toll, so kann ich hier zumindest mal sauber etwas zwischenlagern“, ist der Winzer dankbar. Am frühen Nachmittag stoßen die Eltern des Winzers dazu, beide weit über 80 Jahre alt. Die Erzählungen der beiden lassen vermuten, wie schrecklich das Ereignis für die Bewohner des Ahrtals ist. „Wir haben Nachbarn um Hilfe rufen hören. Wir saßen aber selber im Dachgeschoss fest und konnten nicht helfen“, sagt die Seniorchefin mit Tränen in den Augen. Die Erzählungen sind bedrückend und ergreifend, trotzdem versuchen wir Mut zu machen. Wir haben noch etwas Zeit, bis uns das Shuttle wieder einsammelt. „Der Seniorchef äußert den Wunsch, dass wir den Holzboden in der ersten Etage des Hauses herausrausholen, dort, wo früher seine Wohnung war. Die Familie bringt es nicht übers Herz. So nutzen wir die Zeit, um mehrere Räume von den Dielen zu befreien. Zum Abschied drückt uns die Seniorchefin eine Flasche Wein in die Hand. „Bitte genießen Sie den Wein, es ist nur ein kleiner Dank, aber mehr haben wir nicht.“ Schweigend gehen wir zum Shuttle Point.

Foto oben rechts: Christian Sklenak (l.), Wolfgang sowie Ulf Steinböhmer

Wir verweilen noch ein wenig am Helfer-Shuttle-Platz in Grafschaft-Ringen, tauschen unsere Erlebnisse mit anderen Helferinnen und Helfern aus. Die Organisation beim Helfer-Shuttle ist nahezu perfekt. Arbeitsschutzkleidung, Arbeitsmaterial, schmackhaftes Essen, kühle und warme Getränke – die Organisatoren haben an alles gedacht.

Im Ahrtal wird jede Hand gebraucht. Nicht nur die nächsten Wochen und Monate, sondern vermutlich in den nächsten Jahren. Jeder kann hier helfen. Fah-ren Sie mit ihrer Familie, legen Sie die geplante Kegeltour um, opfern Sie vielleicht einen Teil des Jahresurlaubes. Fahren Sie ins Ahrtal und packen Sie mit an. Heute oder morgen, nächste Woche oder nächsten Monat – Hauptsache Sie sind dabei!

Foto oben rechts: Brauner Schlamm ist immer noch überall

Text: Christian Sklenak und Ulf Steinböhmer
Fotos: Christian Sklenak und privat

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